Vortrag von Professor Ulrich Sieg, Philipps-Universität Marburg.
Was hätte aus ihr werden können! Sie war intelligent, durchsetzungsfähig und konnte Menschen begeistern. Elisabeth Förster-Nietzsche (1846-1935) aber ging in die Geschichte ein als die Frau, die die Schriften ihres freigeistigen und europäisch-orientierten Bruders Friedrich Nietzsche verfälschte. Insbesondere durch ihre sinnentstellende Kompilation »Der Wille zur Macht« diente sie sein Denken den Nationalsozialisten an. Mit ihrem antisemitischen Ehemann Bernhard Förster und Gleichgesinnten gründete sie 1886 in Paraguay eine Siedlung, um einen Zufluchtsort für die »arische Rasse« in Südamerika aufzubauen. Ulrich Sieg hat eine Vielzahl unbekannter Dokumente entdeckt. Sie zeigen eine Frau, die ihren Ehrgeiz zu ihrer Zeit nur in der Rolle der Schwester ausleben konnte.
Ulrich Sieg ist Historiker und Publizist. Er hat an der Philipps-Universität Marburg eine außerordentliche Professur inne. Schwerpunkt seiner Forschungs- wie seiner publizistischen Tätigkeit sind die Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, die politische Ideengeschichte seit 1800, die Geschichte des deutschen Judentums im Kaiserreich und der Weimarer Republik sowie die Geschichte des Antisemitismus.